Du ahnst nichts Böses und richtest das Abendessen her. Für deine Kleine schmierst du ein Butterbrot mit Fleischwurst und schneidest es – wie jeden Tag – in der Mitte durch.
Als du ihr den Teller hinschiebst, passiert es.
Sie rastet aus. Schreiend wirft sie das Brot auf den Boden, schlägt um sich und schimpft. Mühsam versuchst du herauszuhören, was das Problem ist.
“Ich will ein ganzes Brot, so wie Felix!!!!!”. Sie zeigt auf den Teller ihres Bruders. Darauf liegt ein Butterbrot, das nicht in der Mitte durchgeschnitten ist.
Augenblicklich machst du deiner Kleinen ein neues Brot. Du bist dir nicht ganz sicher, ob das der richtige Weg ist. Sofort bestätigt dich dein Mann in deiner Sorge: “Sie tanzt uns bald vollkommen auf der Nase herum, wenn du diesen Zirkus mitmachst”, rügt er dich. Du willst aber, dass das Geschrei aufhört und stellst ein neues, ganzes Brot vor deine Tochter.
Sie schaut es an und bricht erneut in Tränen aus. Wütend fegt sie es vom Tisch: “Ich mag keine Fleischwurst!”.
Du bist ratlos. Denn bis gerade eben hat sie Fleischwurst geliebt. Klirrend fällt der Teller zu Boden und zerbricht. Das Geschrei steigert sich noch “Mein Elsa-Teller!!”.
Langsam wirst du wütend. Dein Mann ebenfalls. Grob fährt er sie an, dass jetzt aber Schluss sei.
Du stehst da wie erstarrt. Hast keine Ahnung, was du tun sollst. Du erinnerst dich an gestern Abend, als es ein ähnliches Theater gab, weil ihr Lieblingsschlafanzug in der Wäsche war. Und vorgestern, als sie sich weigerte, ins Auto zu steigen, weil sie ihren Kindersitz plötzlich hässlich fand.
Du fragst dich, was da los ist. Ist das eine der berüchtigten Trotzphasen? Was hilft in so einem Moment? Strenge? Verständnis? Ignorieren? Sie in ihr Zimmer stecken, bis sich die Wogen geglättet haben?
Diskutiere nicht mit deinem Kind, solange es wütend ist
Wenn ein Kind mitten in einem Wutanfall steckt, dann hat es in diesem Moment keinen Zugriff auf seinen Verstand. Das geht ja sogar uns Erwachsenen so. In der Wut tun wir Dinge, die wir gar nicht wollen. Quasi vor unseren eigenen, ungläubigen Augen.
Deshalb macht es keinen Sinn, das Kind mithilfe von Argumenten beruhigen zu wollen. Sowas wie:
“Aber Süße, der Schlafanzug war doch ganz dreckig, man muss die Kleidung doch mal waschen, da brauchst du dich gar nicht ärgern”
“Du hast die letzten Tage doch dein Brot immer genau so gegessen. Erklär mir doch mal, was daran jetzt auf einmal falsch ist”.
“Schau, es ist Winter und sehr kalt. Du kannst keine Badeschlappen anziehen, du wirst frieren und dich erkälten. Sag mal, warum du deine tollen neuen Winterstiefel heute nicht anziehen magst!”
Argumente helfen den Kindern nicht, mit ihrer Wut umzugehen. Sie wissen ja selber nicht, warum sie wegen einer Kleinigkeit so an die Decke gehen. Sie werden sogar oft noch wütender, wenn wir versuchen, auf sie einzureden und ihnen zu erklären, dass es unnötig ist, sich so aufzuregen.
Nimm den Wutanfall nicht persönlich
Obwohl es manchmal von außen den Anschein macht: es macht unseren Kindern keinen Spaß, auszuflippen. Im Gegenteil, sie geraten oft völlig außer sich und bringen sich mit ihrem Geschrei an ihre eigene körperliche Belastungsgrenze. Beschädigen in ihrer Wut Dinge, die ihnen eigentlich sehr lieb sind. Oder verletzten gar versehentlich ein Geschwisterkind.
Sie tun das auch nicht, um uns Eltern zu “testen”. Denn sie lieben uns und sie wissen, dass sie auf uns angewiesen sind. Sie würden uns nie absichtlich schaden.
Ein Kind, das einen Wutanfall hat, ist in Not. Auch, wenn für uns erstmal augenscheinlich kein “echtes Problem” ersichtlich ist.
Und dessen dürfen wir Eltern uns ständig bewusst sein. Ganz explizit in in dem Moment, in dem eins unserer Kinder explodiert. Damit wir den Wutanfall des Kindes nicht persönlich nehmen und als Folge dessen, selbst wütend werden. Denn dann wären wir unseren Kindern keine Hilfe, sondern würden sie stattdessen alleinlassen mit ihrer inneren Aufruhr. Oder sie gar anklagen und schimpfen dafür.
Eine liebevolle und gewinnbringende Begleitung kann uns Eltern nur gelingen, wenn wir in unserer Ruhe und unserer Kraft bleiben.
Such nicht sofort nach den Gründen
Wenn wir davon ausgehen, dass unser Kind in Not ist, wenn es ausflippt, dann wollen wir als Eltern natürlich schnell die Gründe dafür herausfinden. Und dafür brauchen wir die Hilfe unseres Kindes. Während es tobt, hat es aber keinen Zugriff auf seine Ratio. Es kann uns also auch keine Auskünfte darüber geben, was wirklich als Ursache hinter dem Wutausbruch steckt. Denn eins ist sicher. Es geht nicht um das Butterbrot oder den Schlafanzug. Es geht um etwas anderes.
In manchen Fällen gelingt es uns vielleicht später, die Ursache herauszufinden. Wenn die Wut verraucht ist und man wieder “vernünftig” miteinander sprechen kann.
In anderen Fällen, wie zum Beispiel einer beginnenden Krankheit, offenbart sich das “Problem” ein oder zwei Tage später., wenn die Infektion dann ausbricht.
Und in anderen Fällen werden wir es nicht herausfinden.
So sehr es uns als Eltern auch interessiert, in dem Moment der Explosion sollten wir unser Kind nicht bedrängen und die Suche nach Gründen auf später verschieben.
Sei deinem Kind ein Stütze
Wenn dein Kind einen Wutanfall hat, das braucht es dich. Mehr denn je. Obwohl die offensichtlichen Reaktionen gegenteilig sein können. Dein Kind schubst dich vielleicht weg. Und gleichzeitig meint es damit: “Mama, ich bin so hilflos, ich weiß nicht wohin mit mir!”.
Es sagt vielleicht, du sollst gehen oder du seist doof. Und es meint: “Mama, ich brauche Hilfe, ich habe selbst keine Ahnung, was mit mir los ist.”.
Deshalb sind “einfach ignorieren” oder das Kind aufs Zimmer schicken zwar “alte” aber keine “alt bewährten” Methoden.
Wir Eltern dürfen stattdessen da sein. Stabil sein. Mitfühlen, aber nicht mit leiden.
Ich persönlich habe im Gemeckerfrei-Coachingprogramm “Kinderflüsterer” eine ganze Bandbreite von Methoden gelernt, mit denen die emotionale Begleitung meiner Kinder während eines Wutanfalls hervorragend gelingt.
Und ich habe auch gelernt, wie ich es schaffen kann, mich nicht selber zu ärgern, wenn in der Raserei mal etwas kaputt geht. Früher stand ich oft ratlos da wie der Ochs vorm Berg. Habe häufig noch in der Situation mit meinem Mann darüber diskutiert oder gar gestritten, wie man reagieren sollte.
Inzwischen können wir als Familie einen Wutanfall sogar als Entwicklungsschritt nutzen. Aus dem wir alle irgendwie gestärkt hervorgehen.
Am 2.September startet der Kinderflüsterer wieder.
Wenn du dabei sein willst, dann komm gerne in unsere Facebookgruppe.
Dort bekommst du neben vielen Informationen ab Sonntag die Möglichkeit, #Gemeckerfrei in einer Challenge kostenlos zu testen.
Hab eine zauberhafte Woche voller Liebe und Leichtigkeit,
dein Gemeckerfrei-Team