Wie du einfach deine Bedürfnisse wahrnehmen kannst
Vielleicht kennst du das ja auch. Du hast das Gefühl du gibst und gibst und gibst. Deine Kinder nehmen und nehmen und nehmen. Sie scheinen keine Grenze zu kennen und sind ständig fordernd. Unersättlich. Egal, ob Süßigkeiten, Fernsehen oder Spielzeug. Prüfe mal die folgenden Fragen:
Wie gut kennst du deine eigenen Bedürfnisse?
Wie gut kennst du die Bedürfnisse deiner Kinder?
Wie wichtig nimmst du deine eigenen Bedürfnisse?
Wie wichtig nimmst du die Bedürfnisse deiner Kinder?
Welche Bedürfnisse erfüllst du eher? Deine eigenen oder die der anderen?
Alle Bedürfnisse sind in Ordnung
Marshall B. Rosenberg, der Begründer der gewaltfreien Kommunikation, sagte zu den Bedürfnissen:
“Alles, was ein Mensch jemals tut oder unterlässt, ist ein Versuch, sich mindestens ein Bedürfnis zu erfüllen” (Marshall B. Rosenberg)
Darin steckt auch gleich der erste und wichtigste Grundsatz der Bedürfnisorientierung. Alle Bedürfnisse sind in Ordnung und dienen dem Leben. Es gibt keine guten und schlechten Bedürfnisse, denn alle sind gleichwertig.
Meistere die Herausforderung
Hier entsteht allerdings schon die erste Herausforderung: Denn wir Erwachsenen verhalten uns oft anders. Wenn wir beispielsweise entscheiden mit den Kindern rauszugehen und ein Kind darauf keine Lust hat – wie reagieren wir dann? Schenken wir dem kindlichen Bedürfnis wirklich dieselbe Bedeutung wie unserem eigenen/ der Entscheidung, die wir getroffen haben? Oder muss das Kind halt mit raus?
Oder wie verhalten wir uns, falls es im Raum sehr laut wird, weil die Kinder mit vollem Einsatz spielen?
Neigen wir nicht oft dazu, die Kinder zur Ruhe anzuhalten? Dabei ist es doch gerade ihr Bedürfnis laut zu spielen. Und unser Bedürfnis ist vielleicht Ruhe.
Alle Bedürfnisse sind gleichwertig
Siehst du immer alle Bedürfnisse gleichwertig nebeneinander?
Das ist die Frage, die du für dich beantworten darfst.
Ich habe bei mir beobachtet, dass es immer bestimmte Bedürfnisse gab, da habe ich meine Sichtweise sozusagen „höher gerankt“ als die der Kinder. Oder auch andersherum. Falls du das von dir auch kennst, geht es im ersten Schritt darum, jedes Bedürfnis gleichwertig anzunehmen.
Müssen alle Bedürfnisse erfüllt werden?
Das wäre vielleicht schön, wenn das möglich wäre, nur ganz ehrlich – das wird immer wieder nicht klappen. Einfach weil es zu viele verschiedene Bedürfnisse gibt. Beobachte doch mal in deinem Alltag, wann Bedürfnisse von Kindern eben nicht erfüllt werden können – einfach weil die Umstände es nicht zulassen.
Da würde dein Kind gerne Joghurt essen, aber ihr habt keinen zu Hause. Oder dein anderes Kind möchte gerne zu Hause bleiben – du aber musst zur Arbeit. Es gibt also ganz viele Bedürfnisse von kleinen Kindern, die manchmal gerade nicht erfüllt werden können.
Du kannst mal eine Strichliste machen mit zwei Spalten, erste Spalte ein Strich für ein erfülltes Bedürfnis, zweite Spalte ein Strich für ein unerfülltes Bedürfnis. An einem Tag machst du das für die Bedürfnisse deiner Kinder und am nächsten Tag machst du das für deine eigenen Bedürfnisse.
Hieran kannst du sehen, ob die Bedürfniserfüllung zwischen dir und deinen Kindern ausgewogen ist. Du bekommst eine Einschätzung, wie viele Bedürfnisse unerfüllt bleiben, sowohl bei dir als auch bei deinen Kindern.
Ein wahrgenommenes Bedürfnis zählt wie ein erfülltes Bedürfnis
Wenn bestimmte Bedürfnisse nicht erfüllt werden können, ist es dennoch essentiell, dieses Bedürfnis zu würdigen.
Also dem Kind zu verstehen zu geben, dass es völlig in Ordnung ist, dass es gerne Joghurt haben möchte. Und dass du das gut verstehen kannst. Dass der Schmerz darüber, dass kein Joghurt im Haus ist, da sein darf.
Prüfe das gerne für dich nach: Wenn deine Chefin Verständnis für deine Situation zeigt auch wenn sie dir in einem bestimmten Aspekt nicht entgegen kommen kann, fühlt es sich doch wesentlich besser an, als wenn sie dein Anliegen einfach abschmettert, oder?
Kinder fühlen sich wahrgenommen und gehört, wenn ihr Bedürfnis benannt wird und wenn sie erleben, dass ihre Bedürfnisse immer und immer wieder erfüllt werden, dann können sie auch immer besser damit leben, wenn es eben gerade mal nicht geht.
Genauso ist es wichtig, dass du deine nicht erfüllten Bedürfnisse annimmst und würdigst. Also auch zu dir selbst sagst, es ist völlig ok, dass ich gerade Ruhe brauche und überlegst, wann du dir das erfüllen kannst.
Prüfe mal anhand deiner Strichliste, wie viele der nicht erfüllten Bedürfnisse du benannt und wahrgenommen hast? Bei deinen Kindern? Bei dir?
Zwischen Weiß und Schwarz liegt Grau
Wenn wir den wirklichen Wunsch haben, bedürfnisorientiert mit unseren Kindern zu leben, dann dürfen wir uns auf die Reise hin zur Lösung begeben. Sowohl für dich selbst als auch für die Kinder.
Was ich jeden Tag erlebe ist, dass die Lösung immer dazwischen liegt. Wenn ich wirklich einen Weg finden will, wie möglichst viele Bedürfnisse erfüllt werden können, dann gibt es diesen auch.
Wenn es mir beispielsweise zu laut ist, die Kinder gerade aber energiegeladen spielen, dann gibt es doch immer Möglichkeiten beide Bedürfnisse zu erfüllen. Vielleicht kann ich aus dem Raum gehen, mir für eine Weile Kopfhörer aufsetzen oder die Kinder können ihr Spiel draußen fortsetzen.
Schicke den Zweifler schaukeln!
Häufig höre ich hier ein Aber. Kinder müssen doch lernen, dass nicht immer alles geht. Und wir mussten das doch auch lernen. Und es hat uns auch nicht geschadet.
Woher weißt du, dass es uns nicht geschadet hat? Und wie gerne hast du es heute, wenn du nicht gehört wirst?
Geht es nicht gerade darum, einander mit mehr und mehr Würde zu begegnen. Wenn wir würdevoll mit Kindern umgehen, dann erfüllt das unser Herz. Dann lernen die Kinder auch würdevoll mit ihren Mitmenschen umzugehen.
Einander gut tun weckt positive Gefühle und erzeugt positive Verbundenheit. Nimm einfach dein Herz als Wegweiser. Spüre doch mal nach, wann du gerne bereit bist, den Kindern ihre Bedürfnisse zu erfüllen!
Sorge gut für dich
Genau – bei den meisten Menschen gelingt das besonders dann, wenn sie gut für sich selbst sorgen. Wenn es dir gut geht, dann fällt es dir viel leichter, den Kindern gut zu tun.
Wenn du es also gerade besonders anstrengend findest, bedürfnisorientiert zu leben, dann hast du in letzter Zeit vielleicht einfach zu wenig für dich gesorgt. Wirf nochmal einen Blick auf deine Strichliste. Wenn du auf deiner Seite mehr unerfüllte Bedürfnisse hast, dann weißt du ja was du zu tun hast! Im ersten Schritt sie zu würdigen und dann kreativ werden, um dir diese zu erfüllen!
Alles Liebe und lass dein Glück strahlen!